Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.04.2015, AZ: VIII ZR 80/14

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil mit der Frage beschäftigt, ob ein sofortiger Rücktritt (also ohne vorherige Mahnung mit Fristsetzung) gerechtfertigt ist, wenn der Käufer eines Gebrauchtwagens das Fahrzeug mit „TÜV neu“ kauft und das Fahrzeug Mängel aufweist, die eine Erteilung der TÜV-Plakette nicht rechtfertigt.

Der Sachverhalt

Die Klägerin hatte von dem Beklagten, einem Autohändler, ein 13 Jahre altes Gebrauchtfahrzeug der Marke Opel Zafira mit einer Laufleistung von 144.000 km zum Preis von 5.000 € erworben. Entsprechend der im geschlossenen Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung („HU neu“) war am Tag des Fahrzeugkaufs die Hauptuntersuchung (TÜV) durchgeführt und das Fahrzeug mit einer entsprechenden TÜV-Plakette versehen worden.

Bereits am nächsten Tag nach dem Kauf versagte der Motor des Fahrzeugs mehrfach. Die Klägerin begab sich daraufhin in eine Werkstatt und ließ das Fahrzeug untersuchen und erklärte sodann die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag, unter anderem wegen der bei der Untersuchung festgestellten erheblichen und sogar die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Korrosion an den Bremsleitungen. Sie begehrte damit die Rückzahlung des Kaufpreises.

Der beklagte Autohändler bestritt das Vorliegen einer arglistigen Täuschung und wandte ein, dass die Klägerin ihm keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben habe und der Rücktritt deshalb unwirksam sei, da die Voraussetzungen eines Rücktritts nicht vorgelegen hätten.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. VIII ZR 80/14)

Auch der Bundesgerichtshof gab der Klage statt und bestätigte damit die Vorinstanzen. Der Bundesgerichtshof hat allerdings hinreichende Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer arglistigen Täuschung des Beklagten vermisst. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erwies sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass dies nicht mehr entscheidend war.

Nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs ergab sich der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bereits aus dem von ihr hilfsweise erklärten Rücktritt. Das vom Beklagten an die Klägerin veräußerte Fahrzeug war mangelhaft, weil sich entgegen der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit aufgrund der massiven, ohne weiteres erkennbaren Korrosion nicht in einem Zustand befand, der die Erteilung einerr TÜV-Plakette am Tag des Kauvertrags gerechtfertigt hätte.

Aus diesem Grund sei daher auch der seitens der Klägerin ohne vorherige Fristsetzung erklärte Rücktritt berechtigt, weil eine Nacherfüllung für sie nach § 440 Satz 1, Alts. 3 BGB unzumutbar gewesen sei. Angesichts der beschriebenen Umstände habe die Klägerin nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des beklagten Gebrauchtwagenhändlers verloren und musste sich daher nicht auf eine Nachbesserung durch den Beklagten einlassen.

Gericht: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14

Vorinstanz: LG Oldenburg – Urteil vom 30. August 2013 – 3 O 3170/12 OLG Oldenburg – Urteil vom 28. Februar 2014 – 11 U 86/13 Quelle: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=df142d0e1cebe3ff04714e700adb5c06&nr=70794&linked=pm&Blank=1